19.12.2018

Liebe Mitfrauen

Wie sind Machtmissbrauch, Sexismus und sexuelle Belästigung rechtlich zu fassen?

In einem Podiumsgespräch im Rahmen der Kampagne "16 Tage gegen Gewalt an Frauen" haben wir die Effekte der #MeToo-Bewegung auf Justiz, Politik, Arbeit und das öffentliche Leben beleuchtet. Was sind die Orte, wo sich etwas verändert hat? Welcher juristische Handlungsbedarf besteht nach und mit #MeToo?

Unter der Moderation von Nadine Jürgensen diskutierten auf dem Podium Béatrice Müller – Anwältin und Mitglied bei Juristinnen Schweiz, Binh Tschan – Juristin bei der Fachstelle für Gleichstellung der Stadt Zürich (Trägerschafts-Mitglied bei www.belaestigt.ch), Brigitte Hürlimann – Journalistin und Juristin und Sophie Achermann – Geschäftsführerin von alliance F.

Die Podiumsteilnehmerinnen waren sich einig, dass das heute geltende Recht im Prinzip ausreiche. Was fehle, sei ein Stalking-Tatbestand im Strafgesetz. Ansonsten müssten die Gesetze konsequent umgesetzt werden. Das Recht sei jedoch nicht immer das richtige Mittel und stosse auch auf Hürden. Oft liege das Problem bei der Beweisbarkeit, besonders bei unbekannten Täter_innen im öffentlichen Raum, wo die Betroffenen nur das Mittel der Anzeige gegen Unbekannt wählen könnten. Zudem hätten Opfer in den meisten Kantonen keine gute Stellung. Es fehle an Aufklärung, Sensibilisierung und Schulung der zuständigen Beamten. Womit wir bei gesellschaftspolitischen Fragen angekommen sind: Das Fazit der Veranstaltung war, dass es mehr Frauen in den Rechtsinstanzen brauche, potentielle Täter_innen sensibilisiert werden müssten, die Themen Machmissbrauch, Gewalt und Sexismus viel mehr gesellschaftliche, politische und pädagogische Aufmerksamkeit brauchten und schliesslich das Zusammenleben der Geschlechter respektvoll, stereotypenfrei und nicht-diskriminierend erfolgen müsse.

Wir haben also noch einiges zu tun.

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Inhalt
Monatliches Portrait

Im Dezember ist unser monatliches Portrait der schweizerischen Juristin, Journalistin und Schriftstellerin Iris von Roten (1917-1990) gewidmet, die vor genau sechzig Jahren das Buch "Frauen im Laufgitter" veröffentlichte.

Nach einem Studium der Rechtswissenschaften promovierte Iris von Roten an der Universität Bern zum Thema "Die Pflicht des Ehegatten zum wirtschaftlichen Beistand" (1941). Anschliessend übte sie während einiger Jahre die anwaltliche Tätigkeit aus. In letzter Zeit ist Iris von Roten erneut ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt: Wilfried Meichtry hat das Leben des nun mythischen Paares, das Iris (geborene Meyer) und Peter von Roten bildeten, akribisch aufgearbeitet und in die Doppelbiographie “Verliebte Feinde” (2007) gegossen. Die Verfilmung dieses Buches folgte 2012 durch Werner Schweizer. In beiden biographischen Werken hat Iris von Rotens Buch “Frauen im Laufgitter” – wie nicht anders zu erwarten – eine wichtige Stellung inne.

Iris von Rotens feministisches Werk, welches oft mit Simone de Beauvoir's "Le deuxième sexe" (1949) verglichen wird, thematisiert die Ungleichbehandlungen, denen Frauen in der Schweiz der späten 1950er Jahre in verschiedenen Lebensbereichen ausgesetzt sind. Das Buch sorgte bei seinem Erscheinen, im Jahr 1958, für hohes Aufsehen und brachte die Mehrheit der schweizerischen Öffentlichkeit gegen seine Autorin auf. Die Leserschaft und das breitere Publikum störten sich nicht nur am provokativen, frontalen Ton des Buches, sondern auch an dessen Inhalt, der für die damalige Zeit revolutionär war und auch nach heutigen Massstäben noch ist.

Rund sechzig Jahre nach dem Erscheinen von “Frauen im Laufgitter” stellt sich die Frage, wie von Rotens Analyse die Jahrzehnte überstanden hat. Überzeugt sie uns, oder ist sie aus gegenwärtiger Sicht von bescheidener Relevanz? Lassen sich von Rotens Thesen und Feststellungen auf die heutige schweizerische sozialpolitische und rechtliche Lage übertragen, oder kann aufgrund der Einführung des Frauenstimmrechts im Jahre 1971 – ein Recht, für das sich die Autorin tatkräftig einsetzte – von “Laufgitter” kaum mehr die Rede sein, falls überhaupt?

Genau für diese Fragen hat sich unsere Mitfrau Odile Ammann interessiert. Mitte Dezember erscheint in der Zeitschrift für Schweizerisches Recht ein von ihr verfasster Artikel, der “Frauen im Laufgitter” aus heutiger Sicht analysiert. Mitfrauen, die sich für diesen Artikel interessieren und keinen Zugriff auf diese Zeitschrift haben, können sich jederzeit an Odile Ammann (odile.ammann [at] rwi.uzh.ch) wenden.

Odile Ammann hat an der Universität Fribourg im Bereich des Völkerrechts promoviert. Nach mehreren Auslandsaufenthalten, zuletzt in England und in den USA, ist sie zurzeit Oberassistentin für Öffentliches Recht an der Universität Zürich. Odile Ammann ist unter anderem auch Mitgründerin des Schweizer Nachwuchsforums Öffentliches Recht, welches den wissenschaftlichen Austausch zwischen jungen Forschenden sowie die Interdisziplinarität im Bereich des Öffentlichen Rechts fördert.

Daten nächste Netzwerktreffen

Mi, 2.1.19 18:30: Netzwerken am Abend Basel

Do, 17.1.19 12:15: Lunch réseautage Lausanne 

Di, 29.1.19 19:00: Netzwerktreffen Zürich

Weitere Informationen finden Sie hier

Wissenswertes

Susanne Kuster wird stellvertretende Direktorin des Bundesamtes für Justiz
Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) hat Susanne Kuster, Mitglied Juristinnen Schweiz, auf den 1. Januar 2019 zur stellvertretenden Direktorin des Bundesamtes für Justiz (BJ) ernannt. Die 46-jährige Juristin übernimmt diese Funktion von Luzius Mader, der im Frühjahr 2018 in den Ruhestand getreten ist. Juristinnen Schweiz gartuliert herzlich zur Wahl und wünsch Frau Kuster viel Erfolg in dieser Tätigkeit. mehr

E-Book zum Jugendstrafrecht
Zentrum für Visuelles Recht: Das schon letztes Jahr von Christoph Hug angestossene Projekt, das Strafrechtskapitel aus „Kennst du das Recht?“ zu einer eigenen Broschüre für Kinder und Jugendliche zu überarbeiten konnte erfolgreich realisiert werden. Er hat zur Verstärkung des Teams zwei super Praktiker, Frau RA lic.iur. Martina Valär, Jugendanwältin in Dietikon und lic.iur. Lukas Wehrli, Staatsanwalt in Zürich, motivieren können, um die Datei zu aktualisieren. Wir haben gemeinsam das Ganze aufgepeppt, ich habe alle Grafiken neu gemacht und neue Illustrationen eingefügt. Die Strafanstalt Pöschwies und das Massnahmenzentrum Uitikon haben neue Bilder beigesteuert und das BGZ hat uns wieder erlaubt, die bisherigen Bilder zu verwenden. Vielen Dank! Nun haben wir mit Sarah Montani beschlossen, das Ganze als E-Book zu starten. So können wir es kostenlos vertreiben und richtig üppig streuen. mehr

Mehr Frauen ins Parlament!
alliance F: Die Schweiz hat seit heute zwei neue Bundesrätinnen. Das ist ein erfreulicher Tag für die Schweizer Frauen und ein erfreulicher Tag für unsere Demokratie! Denn wir haben viel aufzuholen: Mit Karin Keller-Sutter (FDP, SG) und Viola Amherd (CVP, VS) wurden in der 170-Jährigen Geschichte der modernen Schweiz heute gerade mal Bundesrätinnen Nummer 8 und 9 gewählt. Wir wollen dafür sorgen, dass in Zukunft noch mehr Frauen in die Politik gehen. mehr

ActuElles.ch
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CEDAW-Zwischenbericht
Der Bundesrat hat am 14. Dez. den Zwischenbericht der Schweiz über die Umsetzung der Empfehlungen des CEDAW-Ausschusses verabschiedet, der ab sofort auf der Webseite des EBG aufgeschaltet ist (unter «Dokumente»).
Die genannten Empfehlungen betreffen die Entwicklung einer nationalen Gleichstellungsstrategie und eines Aktionsplans sowie die Stärkung der bestehenden Gleichstellungsinstitutionen (Empfehlung 19 b und c), die Erarbeitung eines nationalen Aktionsplans zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen und Mädchen (Empfehlung 27 c) sowie die Erarbeitung einer Studie zu den Auswirkungen des Rentenregimes auf einkommensschwache geschiedene Ehepaare (Empfehlung 49 d).
Der 6. periodische Staatenbericht CEDAW ist für Ende 2020 geplant. mehr

Verbesserung Gewaltschutz
Das Parlament hat am 14. Dez. dem Bundesgesetz über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen zugestimmt. mehr

#Cyberprostitution #SexIndustry #Law #Justice
Beitrag von unserer Mitfrau Isabelle Fellrath im Le Temps
It is time to rethink moralistic, hypocritical and anachronistic regulation of sex industry
The contrast between current prostitution laws resolutely focused on street and club sex workers and the bare reality of the sex industry is stunning and damaging in several respects. It exposes law compliant sex workers and clubs to the incomparable competition of thriving virtual sex industry operating in the fringe of the law and well known for its excesses. It disseminates hardly tolerable virtual practices expected to be replicated by street sex workers. It abandons the not so virtual protagonists of cyberpostitution to the grip of a cybercrime where the right to oblivion is illusory hence the imprint lasting and uncontrolled. The circle is vicious and the stakes incommensurable. This short contribution calls for the urgent rethinking of a law that is by far too moralistic, hypocritical and anachronistic and that merely ostracizes those it seeks to protect. more

Veranstaltungen und Kurse

Save the Date: 30. März 2019, 13-17h in Bern: Jahrestagung der NGO-Koordination post Beijing Schweiz zum Thema Soziale Absicherung
Die Veranstaltung hat zum Ziel, über die Aspekte der sozialen Absicherung mit Genderfokus zu informieren, auf Armutsfallen aufmerksam zu machen und für mehr Gleichstellung im Sozialversicherungssystem zu mobilisieren.

Save the Date 16. Mai 2019, Zürich: Die Rechtsberatungsstelle UP wird 25 Jahre alt
Im 2019 feiert die Rechtsberatungsstelle UP ihr Jubiläum. Seit 25 Jahren sind wir nahe an den Sozialversicherungen. Dabei stellen wir fest, dass verunfallten und erkrankten Betroffenen der Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt immer schwerer fällt. Am Donnerstag, 16. Mai 2019, beleuchten wir im Rahmen von fünf Referaten aus diversen Blickwinkeln die Gründe hierfür und diskutieren anschliessend mögliche Lösungsansätze. mehr

Jobs

Professur für "Gender im Recht"
Fernuni Hagen: Als einzige staatliche Fernuniversität haben wir seit über 40 Jahren Erfahrung mit lebenslangem Lernen. Unsere Studierenden nutzen flexible Studienmöglichkeiten auf Basis eines Blended-Learning-Studienmodells. An fünf Fakultäten erzielen wir fachbezogene und fachübergreifende zukunfts­weisende Forschungsergebnisse. Zu unserem Selbstverständnis gehören interdisziplinäre Kooperation, die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und die Berück­sichtigung gender­spezifischer Aspekte in Forschung und Lehre. In der Rechtswissenschaftlichen Fakultät besetzen wir ab dem 01.04.2019 befristet bis zum 31.03.2022 die Universitätsprofessur – W 2 für Gender im Recht. mehr



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