Strombeschaffung
Gründe und Prognosen
Die Strompreise sind seit Anfang des Jahres 2022 kontinuierlich gestiegen. Dies betrifft nicht nur die Kunden, die am freien Markt den Strom einkaufen, sondern auch die EVU mit denjenigen Kunden, welche in der Grundversorgung sind.
Dieser Artikel soll die Einflussfaktoren für den Strompreis, seine Entwicklung, die Beschaffung und die zukünftigen Herausforderungen aufzeigen.
Einflussfaktoren Strommarktpreis
Der Preis für die elektrische Energie ist von vielen Einflüssen und Faktoren abhängig. Nicht nur die Produktion, sondern auch der Verbrauch der elektrischen Energie haben Einfluss auf die Preise. In der Abbildung 1 sind die vielen Faktoren veranschaulicht.

In der Produktion sind die bekanntesten Faktoren, die Preise für Gas, Rohöl, Kohle und CO2-Abgaben, welche für die Thermisch-fossile Stromerzeugung benötigt werden. Die Uran-Preise haben bei der Erzeugung der atomaren Energie ihren Einfluss. Bei der erneuerbaren Stromerzeugung haben die Witterung mit Wärme, Wind und Niederschlag einen starken Einfluss auf die Preise.
Das Verhalten der Kunden hat einen grossen Einfluss auf den Gesamtverbrauch der elektrischen Energie. Dieses Verhalten wird durch Jahreszeiten, Feiertage, Schulferien und der Wirtschaftskonjunktur beeinflusst. Zusätzlich ist der Verbrauch auch abhängig von der Witterung, welche zum Bespiel mit der Temperatur Einfluss auf Heizung und Klimatisierung nimmt. Zuletzt nimmt die Politik mit den Förderinstrumenten Einfluss auf das Verhalten der Kunden.
Im Energiesektor verschärften die globalen Krisensituationen und die extremen Klimabedingungen in Europa die Versorgung von Elektrizität und Gas. Zusätzlich schaltete Frankreich fast die Hälfte ihrer Kernkraftwerke für Revisionen ab. Einerseits stiegen die Energiepreise für Industrie, Gewerbe und Private dadurch enorm. Andererseits wird die stabile Winterversorgung und unser Kraftwerkspark hinterfragt. Aufgrund dieser Situation wurde die Kommission OSTRAL (Organisation für Stromversorgung in ausserordentlichen Lagen) aktiv, da eine Strommangellage möglich sein könnte.
Die Abbildung 2 zeigt die Entwicklung des Strompreises ab Oktober 2021 und die entsprechenden Einflüsse auf Preissteigerungen und -senkungen. Im Jahr 2022 hat der laufende Ukraine-Konflikt und dessen Entwicklung den grössten Einfluss auf den Preis. Zusätzlich war auch Frankreich für eine Preissteigerung verantwortlich.

In der EU beeinflusste die EU-Kommission durch ihre Ankündigung von Marktinterventionen den Verlauf des Preises ebenfalls. Und nicht zuletzt beeinflussen gefüllte Gasspeicher, warme Temperaturen und eine sinkende Nachfrage den Rückgang des Strompreises.
Eine Prognose zur Entwicklung des Strompreises abzugeben, ist schwierig. Zwischen Dezember 2022 und Februar 2023 werden steigende Preise erwartet. Ab März 2023 sollten die Preise wieder sinken und könnten dann ab dem August 2023 wieder anziehen.
Dies zeigt die Abbildung 3 mit der Prognose Strommarktpreis 2023.

Wie soll ein KMU seinen Strom beschaffen?
Hat ein KMU auf seinen möglichen Marktzugang verzichtet, dann sollte es weiterhin in der Grundversorgung bleiben. Wird der freie Marktzugang genutzt, dann sind Langfristverträge anzustreben oder die Beschaffung muss strukturiert erfolgen.
Was bedeutet die strukturierte Beschaffung?
Die Beschaffung erfolgt nach einer festgelegten Struktur, Strategie. Der gesamte Strom wird in Tranchen zu mehreren Zeitpunkten beschafft. Zusätzlich werden Preisober- und Preisuntergrenze des Preisbandes festgelegt. Überschreitet der Preis die Obergrenze wird beschafft. Unterschreitet der Preis die Untergrenze wird das Band nach unten verschoben.
Wenn das KMU keinen neuen Stromliefervertrag mit einem Drittlieferanten abgeschlossen hat, dann wird der Verteilnetzbetreiber das KMU mit einer Ersatzversorgung beliefern. Der Preis der Ersatzversorgung wird der Verteilnetzbetreiber entsprechend festlegen. Dieser wird jedoch nicht auf dem Niveau der Grundversorgung sein.
Wie soll ein EVU den Strom für seine Kunden beschaffen?
Das EVU sollte auch mit einer festgelegten Strategie und Struktur den Strom beschaffen.
Der Strompool der Youtility beschafft über drei Jahre im Quartal jeweils eine Tranche der benötigten Energie. Der Beschaffungszeitpunkt richtet sich nach der aktuellen Marktlage und des -preises. Mit einem aktiven Risikomanagement werden die Preislimiten entsprechend gesetzt. Die Beschaffungsstrategie des Strompools ist in der Abbildung 4 mit den Beschaffungstranchen für das Jahr 2021 aufgezeigt. Die blauen Punkte zeigen den jeweiligen Beschaffungszeitpunkt pro Quartal an.

Welche Herausforderungen müssen die Schweiz und die EU lösen?
Die Abhängigkeiten im Energiesektor sind zu diversifizieren. Die Beschaffungsstrategien müssten eine Preisstabilität für die KMU und die privaten Kunden ermöglichen. Marktkunden können durch ihre strukturierte Beschaffungsstrategie ihre Energiekosten ebenfalls stabilisieren.
Die abzeichnende Stromlücke im Winter kann durch den Ausbau der inländischen Produktionskapazitäten geschlossen werden. Durch möglichst knappe Bewilligungsprozesse könnte der Ausbau rasch erfolgen, dazu ist die Politik gefordert und schlussendlich verantwortlich.
Die Übertragungsnetze in Europa sind staatenübergreifend auszubauen. Die Schweiz wird als Transitpunkt eine wichtige Rolle einnehmen. Der benötigte Datenaustausch sollte mit einem technischen Stromabkommen zwischen der EU und der Schweiz geregelt sein.